Erneuerbare Energien rund um den Erdball

Wir haben in unserem Land viel mit Skeptikern zu tun, die den erneuerbaren Energien wenig zutrauen. An vielen Orten der Erde ist es ein riesiger Vorteil, keinen Zugang zu einem großen Versorger zu benötigen und trotzdem Strom zu bekommen. An anderen Orten werden die durch die lokalen Begebenheiten in großer Menge vorhandenen natürlichen und regenerativen Kräfte in größeren Projekten effizient genutzt. Beides soll seinen Platz haben, jeweils so wie es sinnvoll eingesetzt werden kann. Wenn wir die Vielfalt der Möglichkeiten ausschöpfen, sind wir auf einem guten Weg!

Wir stellen hier ein paar interessante Projekte ganz unterschiedlicher Art vor.

Brandenburg

Beginnen wir unsere Reise vor der Haustür: Der erste energieautarke Ort in Deutschland war Feldheim in Brandenburg. Strom und Wärme werden vollständig aus erneuerbaren Energiequellen, hauptsächlich Wind- und Biogasanlagen, erzeugt.

Feldheim hat sich seit 2010 von einem konventionellen Dorf zu einem Vorreiter in Sachen Energiewende entwickelt. Es ist gelungen, die komplette Energieversorgung des Ortes mit erneuerbaren Energien zu realisieren. Windenergieanlagen, eine Biogasanlage und ein Holzhackschnitzel-Kraftwerk erzeugen aus regenerativen Quellen Strom und Wärme. Es gibt ein Nahwärmenetz und ein eigenes Stromnetz. In der Gegend um Feldheim stehen (Stand Mitte 2022) 55 Windräder mit einer installierten Leistung von insgesamt 74,1 MW. Seit Oktober 2020 ist Feldheim energieautark.
Windkraftnutzung in Feldheim

Die Wirtschaftsstruktur in Feldheim ist bis heute durch die Landwirtschaft geprägt. Das Erntegut wird als Futter zur Versorgung des Tierbestandes und als Rohstoff für die Biogasanlage sowie zur Marktproduktion verwendet. Die Lieferung von Einfüllstoffen für die Erzeugung von Energie und Wärme sowie die Betreuung der Biogasanlage und der Wärmeverteilzentrale als Dienstleistung ist ein junges Betätigungsfeld der örtlichen Agrargenossenschaft.

Die Wertschöpfung bleibt in der Region

Alle Inputstoffe werden vor Ort erzeugt. Damit entfallen Transportkosten. Die Biogasanlage erzeugt wetterunabhängig Strom und Wärme.
Die Energieautarkie Feldheims ist ein Beispiel dafür, wie eine ländliche Gemeinde ihre Energieversorgung nachhaltig gestalten kann. Es zeigt, dass auch kleine Orte einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten können.

Randnotiz: 81 energieautarke Ortschaften/Dörfer gibt es in Deutschland, mehr als 150 weitere sind in unterschiedlichen Stadien auf dem Weg dorthin, Tendenz steigend.

Äthiopien

Reisen wir auf den afrikanischen Kontinent nach Äthiopien: Die gemeinnützige Sahay Solar Initiative hat das Ziel, eine aktive Rolle bei der Verbreitung der Solarenergie auf dem afrikanischen Kontinent, speziell in Äthiopien, einzunehmen. Das übergeordnete Ziel der Aktivitäten ist es, nachhaltige Strukturen in Äthiopien zu schaffen, um mittelfristig über die zum Aufbau eines selbsttragenden Social Business Konzeptes benötigten Fachkräfte zu verfügen. Die spendenfinanzierten sozialen Solarprojekte nehmen als Brücke zwischen Theorie und Praxis eine tragende Rolle beim Aufbau dieser Grundstrukturen ein.

Strukturen aufbauen durch Ausbildung und Kooperation mit Wissenschaft und Wirtschaft

Konkret umfasst das Angebot die Ausbildung im Bereich Solarenergie für Dozierende, Studierende und weitere Interessierte an äthiopischen Universitäten. Überdies werden gemeinsam mit lokalen Fachkräften Solarprojekte mit sozialem Schwerpunkt in Äthiopien umgesetzt. Junge Ingenieurinnen und Ingenieure werden dabei unterstützt, sich im Solarbereich eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Ergänzend wird ein tragfähiges Unterstützungsnetzwerk mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft entwickelt.

Trotz seit Jahren rasant wachsender Wirtschaft kämpfen viele Äthiopier:innen mit zahlreichen strukturellen Problemen. Das Land leidet neben einer schlechten Infrastruktur und unzureichender Versorgung mit Trinkwasser und Nahrung auch unter einer miserablen Versorgung mit elektrischem Strom. In vielen Ballungsgebieten existieren zwar Stromnetze, allerdings sind diese unzureichend und von regelmäßigen Stromausfällen geprägt. Ca. 80 Mio. Äthiopier leben in ländlichen Regionen, größtenteils ohne Zugang zu Elektrizität heute und auch in Zukunft. Aufgrund eines fehlenden Stromnetzes greifen die Menschen, wenn vorhanden, auf Dieselgeneratoren für größere Einrichtungen bzw. Feuerholz oder Petroleumlampen in kleineren Privathütten zurück. Viele dieselbetriebene Brunnen stehen still, weil die Versorgung mit Brennstoff auf Dauer zu teuer ist. Eine zentrale Versorgung ländlicher Regionen ist aufgrund der meist sehr weit verstreuten Ansiedelungen oftmals unsinnig und viel zu kostspielig. Sonneneinstrahlung gibt es hier mehr als genug.

Eine dezentrale Versorgung der Landbevölkerung mit Solarstrom stellt sowohl ökonomisch, ökologisch als auch technisch eine optimale Lösung dar. Bereits durch eine minimale Grundversorgung mit sogenannten Solar-Home-Systems, die je nach Größe einige Stunden Strom für Licht oder Radios generieren, können beträchtliche Hebelwirkungen erzielt werden. Dies fördert sowohl das lokale Gewerbe als auch soziale Entwicklungen und trägt durch die emissionsfreie Erzeugung der Energie zu einer besseren Umwelt- und Gesundheitssituation bei. Bereits kleinste Solaranlagen können auf ökonomischer, sozialer und ökologischer Ebene große Vorteile vorweisen, die mit zunehmender Verbreitung weiter steigen.

Durch den Einsatz von Solarstrom können gleich mehrere Probleme angegangen und insbesondere für die Landbevölkerung ein großer Nutzen generiert werden. Der Sahay Solar Verein hat seit Beginn seiner Tätigkeit 43 Krankenstationen, Mittelschulen, Wasserpumpen und landwirtschaftliche Ausbildungszentren elektrifiziert. Immer in Zusammenarbeit mit der Arba Minch Universität (AMU) und der Regierung. Dadurch können viele zehntausend Bewohner*innen durch eine höhere Bildungsqualität oder eine bessere Gesundheitsversorgung profitieren.

Senegal

In vielen Gebieten des Senegals leben lokale Gemeinschaften ohne Zugang zu Elektrizität. Die wenigen Lösungen, die es gibt, beruhen oft auf nicht nachhaltigen Energiequellen. Das Programm der senegalesischen Agentur für ländliche Elektrifizierung (ASER) möchte deshalb in 1000 abgelegenen Dörfern im Senegal solarbetriebene Mini-Netze errichten. Über private Konzessionäre für die ländliche Elektrifizierung wird diese Initiative den verwundbarsten und am stärksten benachteiligten Menschen an schwer zugänglichen Orten den Zugang zu nachhaltigem Strom bieten.

Nachhaltige Stromversorgung für Gemeinden und Unternehmen in ländlichen Gebieten

Mithilfe der Finanzierung wird die ASER in der Lage sein, einen wesentlichen Beitrag zum Ziel der senegalesischen Regierung zu leisten, bis 2025 einen universellen Zugang zu Elektrizität zu erreichen, der Schwerpunkt liegt auf den ländlichen Gebieten. Die Erzeugungs-Kapazität der solaren Mini-Netze liegt bei 32 Megawatt und kommt innerhalb von fünf Jahren 38.917 ländlichen Haushalten zugute, die neu elektrifiziert werden. Die jährlichen Minderungen der CO₂-Emissionen werden sich voraussichtlich auf 45.098 Tonnen CO₂ belaufen. Über die gesamte Projektlaufzeit sollen mehr als 1,1 Mio. Tonnen CO₂ vermieden werden.

Das Projekt unterstützt die Elektrifizierung von Gemeinden und Unternehmen, die außerhalb der Grenzen des Prioritätenplans für die Elektrifizierung ländlicher Gebiete und der nationalen Elektrizitätsgesellschaft des Senegals liegen.

Das Projekt nutzt modernste Protokolle für das Messen, Berichterstatten und Verifizieren (MRV), die auf einer von der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen genehmigten Baseline- und Monitoring-Methode des Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung (Clean Development Mechanism, CDM) beruhen. Dank dieser Protokolle werden die Aktivitäten der ASER im Senegal zeigen, wie Minderungsmaßnahmen die NDC-Ziele unterstützen und die Vorbereitungen für die nächste Generation von Kohlenstoffmärkten unter Artikel 6 des Paris-Abkommens stärken können.

Indien

Komplett solarbetrieben seit Dezember 2022: Modhera ist das erste Solardorf in Indien. Das im Bundesstaat Gujarat gelegene Dorf lässt mit einem ganz besonderen Konzept der Stromversorgung aufhorchen: Das Dorf erzeugt mithilfe neu installierter Photovoltaikanlagen genügend saubere Energie, dass alle Bewohner:innen vollkommen kostenlos mit grünem Strom versorgt werden können.

Der Umstieg auf erneuerbare Energien soll nicht nur das Leben in der Gemeinde verändern, sondern auch den Klimawandel bekämpfen. Der Bundesstaat und die nationale Regierung Indiens haben in Kooperation Modhera zum ersten vollständig mit Photovoltaik ausgestatteten Dorf Indiens ausgebaut.

In diesem Solardorf in Indien gibt’s Grünstrom für alle

Für eine grüne Stromversorgung wurden demnach Solarzellen auf die Dächer der Häuser der Bewohner:innen, der staatlichen Schulen, Bushaltestellen, Versorgungsgebäude, auf Parkplätze und sogar auf das Gelände des berühmten Sonnentempels gesetzt. Genauer gesagt, wurde jedes private Gebäude mit einer 1-Kilowatt-PV-Anlage auf dem Dach ausgestattet. Dazu kommen 316 KW Solaranlagen auf verschiedenen Regierungsgebäuden und ein sechs Megawatt starkes bodenmontiertes Solarkraftwerk im nahegelegenen Dorf Sujjanpura.

Nicht zu vergessen: das zusätzliche Batterie-Energiespeichersystem, das ebenfalls im Dorf Sujjanpura installiert ist. Sonnenstrom, der tagsüber produziert, aber erst in den Nachtstunden benötigt wird, wird hier zwischengespeichert. Da das Solardorf in Indien aber nur etwa ein Megawatt Strom verbraucht, speist das Dorf überschüssig produzierte Energie in das öffentliche Stromnetz ein – und beteiligt die Anwohner:innen an dem Gewinn. Sprich: Anstatt hohen Stromkosten ausgesetzt zu sein, können diese nun Geld durch die Einspeisung des Stroms verdienen.
„Früher, als es noch keine Solarenergie gab, musste ich einen riesigen Betrag für die Stromrechnung bezahlen – fast 2.000 Rupien. Aber mit der Installation der Solaranlage ist meine Stromrechnung jetzt null. In meinem Haus läuft jetzt alles vom Kühlschrank bis zur Waschmaschine mit Solarenergie. Ich bezahle jetzt nicht einmal eine Rupie Stromrechnung“, erklärt eine Bewohnerin des Dorfes ganz stolz.

Zu Ehren des Sonnengottes

„Die Idee hinter diesem Projekt ist, dass der Modhera-Tempel der Tempel des Sonnengottes ist und daher die gesamte Energie dieser Stadt und Gemeinde aus Solarenergie stammen sollte“, so Mamta Verma, Hauptsekretärin für Energie und Petrochemie in der Regierung von Gujarat.
Nahe dem religiösen Gebäude aus dem 11. Jahrhundert wurden solarbetriebene Straßenlaternen aufgestellt und Ladestationen für E-Autos angelegt. Außerdem findet beim Tempel jeden Tag eine 3D-Lichtshow zu Ehren des Sonnengottes statt – natürlich wird diese vollständig durch kostenlosen Sonnenstrom ermöglicht.

Wenn ihr mehr über diese Projekte erfahren möchtet, z: B. zu den unterschiedlichen Finanzierungskonzepten, findet ihr diese unter: Energieautarkes Feldheim, Sahay Solar Initiative, Solare Mini-Netze in 1000 Dörfern im Senegal, Modhera Solardorf

Offensichtlich ist: auch viele kleine Maßnahmen helfen, das große Ganze voranzutreiben!